Mittwochs legt meistens DJ Annette auf.
Hier kann man die neusten Playlisten der
Mittwochsmilongas anschauen:
Playlisten der Mittwochsmilongas
Über Tangomusik wird gern kontrovers diskutiert.
Hier kommen ein paar unmaßgebliche Diskussions-
beiträge,
die unsere Musikauswahl und unseren
Geschmack verdeutlichen. Über Kommentare und
Meinungen freuen wir
uns und werden sie hier
veröffentlichen, natürlich nur auf Wunsch.
Kommentare
Epoca de Oro und neuere Musik
Livemusik
Was heißt "tanzbar"?
Tango Nuevo, Neotango, Elektrotango, Non-Tango
Andere Länder
Kommentare
Epoca de Oro und neuere Musik
Unsere Musikauswahl ist gemischt. Wir lieben
die traditionelle Musik der "Epoca de Oro", aber wir lieben auch vieles aus der neueren Musik.
In der ersten großen Blütezeit des Tango, der Epoca de Oro, wurde eine reiche Tradition von Tangomusik geschaffen,
nach der sich wunderbar tanzen lässt. Inzwischen erleben wir wieder eine Blüte, die weit über Argentinien hinausreicht. Die Basis der neueren Tangomusik
sind die großartigen Werke der Komponisten und Orchester der EdO. Seitdem gibt es immer wieder weitere Einflüsse und Inspirationen, und eine große Zahl
von Komponisten, Arrangeuren, Bands, Orchestern, Sängern und Sängerinnen und Musikern aus Argentinien und vielen anderen Ländern
pflegt die Tradition und entwickelt sie weiter.
Heutzutage ist dank der neuen Digitaltechniken die Qualität der Aufnahmen deutlich besser als zu Vinylzeiten. (Jaja, auch das wird kontrovers diskutiert,
nicht nur in der Tangoszene.)
Unser Lehrer Karaca spielt in seinem Unterricht Musik aus der Epoca de Ora, denn sie hat einen klaren Rhythmus und ist
besonders für Anfänger gut geeignet. Auch sollen Neulinge die Tradition erst mal kennenlernen. Zum Üben ist es angenehm, wenn man die Musik wiedererkennt.
Auf unseren Milongas gibt es darüberhinaus auch neuere Musik, vor allem von Ensembles und Orchestern, die zur Zeit aktiv auftreten. Wir sind dankbar für
Empfehlungen und Rückmeldungen und freuen uns über alle Inspirationen. Auch spielen wir Tandas und Cortinas.
Livemusik
Wir sind Fans von Livemusik, denn die Atmosphäre ist nicht zu vergleichen mit der Konserve. Was wäre die Weiterentwicklung des Tangos ohne die Musiker?
Und welche Musiker wollen nur Studioaufnahmen machen und nicht auch mal ein Publikum mitreißen? Die Tänzer inspirieren die Musiker, und die Musiker die Tänzer.
Auch bei uns gab es schon mehrfach Livemusik. Hier könnt Ihr nachlesen, welche Künstler und Ensembles bei uns schon aufgetreten sind:
Live-Musik bei Tango Diavolo
Leider können wir uns Live-Musik nicht so oft leisten, wie wir gern wollen. Das liegt an den Kosten, die durch den Eintritt
kaum gedeckt werden können. Zu dem Thema gibt es eine Diskussion in der Tangodanza (Nr. 3, 2014, S. 78 und
Nr. 4, 2014, S. 25), die wir sehr bedenkenswert finden.
Was ist tanzbare Musik?
Viele Tänzer glauben, dass man auf jede Musik tanzen kann, andere lehnen diese Vorstellung ab, und manche fühlen sich
von einigen Stücken überfordert. Es gibt Tänzer, die auf den Rhythmus tanzen, und andere, die auf die Melodie tanzen. Die haben ganz unterschiedliche
Vorlieben. Wir haben beobachtet, dass es Musik gibt, bei der sich die Tanzfläche füllt, und andere, bei der sie sich
eher leert. Dabei spielen mehrere Faktoren eine Rolle: Der Wiedererkennungswert, die Schönheit eines Stücks, was natürlich eine völlig subjektive
Einschätzung ist, der Rhythmus, und nicht zuletzt die momentane Stimmung. Alle Faktoren wirken aber gleichzeitig in unterschiedliche Richtungen:
Der Wiedererkennungswert: Viele Anfänger freuen sich besonders, wenn sie ein Stück schon kennen. Es gibt ihnen Sicherheit, und sie
merken allmählich, daß die Musik aus Phrasen besteht, an die man den Tanz anpassen kann. So geht man z.B. nicht in eine Figur, wenn gerade eine Phrase fast
zu Ende ist. Das passiert unbewusst und ein Gefühl für das Stück entsteht beim wiederholten Tanzen. Allerdings kann es auch vorkommen, dass
es irgendwann mal reicht und man von einem Stück übersättigt ist, wenn man es schon zig mal gehört hat. So ergeht es manchen Fortgeschrittenen bei
einigen besonders beliebten Stücken aus der EdO, die wirklich bei jeder Milonga gespielt werden. Sie langweilen sich und bleiben sitzen.
Bei "schwierigerer" Musik, z.B. solcher mit Temposchwankungen, sind
dagegen auch manche Fortgeschrittene glücklich, weil sie schon ein Gefühl dafür haben, an welcher Stelle z.B. Posen und Verzierungen gut passen.
Andererseits freuen sich viele Tänzer über Überraschungen, wenn sie etwas ganz Neues hören. Andere fühlen sich davon vielleicht überfordert. Wir sind
der Ansicht, dass es die Mischung aus Neuem und Altem macht.
Die Schönheit der Musik: Dies ist ein völlig subjektives Kriterium, denn Geschmäcker sind bekanntlich unterschiedlich. Daher gehen wir
natürlich erst mal davon aus, was wir selbst schön finden. Aber wir fragen auch oft unser Publikum nach ihrer Meinung zu unserer Musik,
vor allem bei Neuanschaffungen, die uns gut gefallen. Den Geschmack einiger unserer Tänzer kennen wir schon, und er wird auch immer
wieder berücksichtigt.
Schönheit und Tanzbarkeit sind aber nicht dasselbe. Es kommt vor, dass Leute bestimmte Musik wunderschön finden und sehr gern hören, sich aber
nicht recht trauen, darauf zu tanzen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Man kann sich einem Stück auch erst mal durch Zuhören nähern.
Der Rhythmus:
Viele Stücke haben einen sehr gleichmäßigen und klaren Rhythmus, nicht nur die aus der EdO, sondern auch neue Einspielungen, Arrangements und Kompositionen. Wir
haben beobachtet, dass sich die Tanzfläche eher dann füllt, wenn solche Stücke gespielt werden.
Es gibt aber auch wunderschöne Musik mit Temposchwankungen, Verzögerungen und Beschleunigungen. (Musiker benutzen zur Beschreibung
gern die Ausdrücke "rubato" = Schwanken des Tempos nach Gefühl, "Fermate" = Verlängerung eins Tons oder einer Pause, "ritardando" = Verzögerung
oder "accelerando" = Beschleunigung). Ein Bespiel für einen "Rubato-Tango" ist das berühmte Stück "A Evaristo Carriego", gespielt 1969
vom Orquesta Osvaldo Pugliese. Es enthält
viele Fermaten und Ritardandos, die sich für Posen und Verzierungen eignen, und unterschiedliche Tempi, denen man seinen Tanz anpassen kann.
Es gibt daher Fans, die bei solchen Stücken gerade gern auf die Tanzfläche gehen, aber weniger Geübte mögen sich vielleicht überfordert fühlen und
bleiben erst mal sitzen. Das wird sich bei manchen ändern, wenn sie mehr gehört und mehr getanzt haben.
Es gibt auch wunderschöne Rubato-Tangos, die weniger bekannt sind als "A Evaristo Carriego", und von denen sich daher mehr Leute überfordert fühlen.
Wir haben es schon erlebt, dass Leute meinten:
"Das ist aber eine tolle Sängerin" und zuhörten, aber auf die Tanzfläche wollten sie nicht, weil ihnen der Rhythmus zu schwierig war.
Wir haben es aber auch erlebt, dass dies ein paar Monate später anders war und dieselben Leute doch zu dieser Musik tanzten.
Unser Fazit ist, dass wir meistens mit Musik anfangen, die einen klaren Rhythmus hat, und später am Abend auch Rubato-Tandas auflegen. Hier spielt
dann auch die Bekanntheit eines Stücks eine Rolle. Aber aufregende Neuerscheinungen wollen wir unserem Publikum auch nicht vorenthalten,
deswegen sind auch sie immer wieder zu hören.
Das Tangogefühl: Hierzu habe ich einen Kommentar von Yokoito bekommen,
der diese Kategorie zur Frage "Was ist tanzbar?" auch wichtig findet. Dem kann ich nur zustimmen. Der Kommentar ist am Ende der Seite.
Tango Nuevo, Neo-Tango, Elektro-Tango, Non-Tango
Tango Nuevo ist die "Erneuerung des Tangos". Er baut auf den Wurzeln des Tangos der EdO auf und bezieht eine Vielzahl weiterer Einflüsse ein, vor allem
den Jazz und klassische Kammermusik. Sowohl die Harmonien als auch der Rhythmus sind komplizierter und vielfältiger als die des tradtitionellen Tangos, auch die
Instrumentierung ist vielfältiger. Trotzdem sind die Gefühlswelt und die Leidenschaft, die charakterstisch für den Traditionstango sind, auch im
Tango Nuevo präsent. Als Begründer des Tango Nuevo gilt Astor Piazzolla, der große Kunstwerke geschaffen hat, die zu Recht weit über die Tango-Tanz-Szene
hinaus berühmt sind und auch in Konzertsälen von sowohl von großen Orchestern als auch kleineren Ensembles unterschiedlicher Besetzungen gespielt werden.
Da Piazzolla ein Bandoneon-Virtuose war, wundert es nicht, dass das Bandoneon in seinen Werken eine herausragende Rolle spielt.
Wie die traditionellen Werken aus der EdO werden auch Piazzollas
und andere Kompositionen des Tango Nuevo immer wieder bearbeitet, variiert und von verschiedenen Ensembles und Orchestern unterschiedlicher Stilrichtung
aufgeführt. Immer wieder gibt es erstaunliche Neuveröffentlichungen und -aufführungen.
Wir finden diese Entwicklung außerordentlich spannend. Viele der neueren Stücke sind wunderschön. Aber es ist umstritten, wie gut sich darauf tanzen lässt.
Manche Leute sind der Ansicht, dass Piazzolla und der Tango Nuevo nur zum Zuhören, aber nicht zum Tanzen geeignet sei. Das sehen wir anders. Es mag anfangs
schwieriger sein, auf Tango Nuevo zu tanzen, weil der Rhytmus oft schwieriger ist, und harmonische Schemen ungewöhnlich sein mögen.
Aber man kann sich auf eine Musik
einlassen und sie kennenlernen. Wenn man die Musik mag, kann es sehr lustvoll sein, darauf zu tanzen. Es ist im Prinzip ähnlich wie mit den "Rubato-Tangos",
über die wir weiter oben diskutiert haben.
Wie diese spielen wir auch Tango Nuevo meistens erst etwas später am Abend, wenn sich alle schon etwas aufgewärmt haben.
Neotango entstand ungefähr ab dem Jahr 2000, durch weitere Einflüsse, vor allem von elektronischer Musik und Rock. Zu den bekanntesten Neo-Tango-Gruppen
zählen Gotan-Projekt, Otros Aires, Narcotango oder Bajofondo. Die meisten Gruppen kommen aus Europa und den USA, weniger aus Argentinien.
Der Rhythmus beim Neo-Tango ist oft sehr gleichmäßig, deshalb findet er seine Fans, die
ihn relativ einfach "tanzbar" finden. Viele Gruppen verwenden ein auch ein Bandoneon, so dass man einen "Tangoeindruck" bekommt.
Auch beim Neotango gibt es eine breite Spanne unterschiedlicher Stile. Wie spielen Neotango nur recht selten, und nur solche Stücke, bei denen die Tangotradition
erkennbar ist, und die auch ein Tangogefühl audrücken.
Elektrotango Ein Subgenre vom Neotango ist ein Elektrotango, der stark durch Disco, House, Techno und Fusion beeinflusst ist und sich auch so
anhört. Ihn spielen wir bei uns nicht, weil wir finden, dass ihm jedes Gefühl abgeht und die Tangotradition nicht mehr zu erkennen ist.
Musik muss Gefühle ausdrücken. Diese Gefühle können sehr verschieden sein, fröhlich,
traurig, wild, verträumt, lustig, verblüffend, jedenfalls menschlich.
Auch mit elektronischen Mitteln erzeugte Musik kann Gefühle
ausdrücken, dann hat ein oder eine Künstlerin lange
daran gefeilt. Bei guter Musik ist kein Ton wie der andere,
es gibt immer Schwankungen in der Lautstärke und im Tempo,
gewollt oder ungewollt, jedenfalls menschlich.
Wir wollen Musik, die berührt und zum Tanzen animiert. Eine Grenze ist für uns jedoch erreicht, wenn Musik
automatisch programmierte "Beats" enthält,
also solche, in der menschliche Regungen fehlen, so wie in Techno oder House.
Eine solche Musik ertragen wir nicht, sie ist tot und steril,
und sie wird bei uns nicht zu hören sein.
Non-Tango ist per Definition Musik, die kein Tango ist. Manchmal ist es Interpretationssache, wie man ein Stück einordnet. Wir wollen in der Tradition
bleiben und spielen keine Non-Tangos. Es kann aber mal vorkommen, dass wir Filmmusik oder Schlager spielen, die gerade passen und durchaus einen Tangorhythmus
haben, oder eine Tanda mit russischen
Walzern (gespielt von einem russischen Militärorchester), auf die man wunderbar Vals tanzen kann. In letzter Zeit spiele ich doch meistens eine Tanda mit Non-Tangos
pro Abend, weil es Leute in unserem Stammpublikum gibt, die sich dann freuen. (Siehe Playlisten der Mittwochsmilongas)
Tangomusik aus anderen Ländern
Die Tangotradition hat ihren Ursprung in Buenos Aires und Montevideo, und auch heute kommen die meisten Musiker und Tanzlehrer und viele wunderbare Inspirationen
aus Argentinien. Aber schon früh im letzten Jahrhundert fand der Tango seinen Weg nach Europa und in andere Länder. Tangoszenen entstanden schon in den 20er und
30er Jahren in Paris, Rußland, in
Istanbul, Berlin und anderswo. Ein Sänger, der in den 30er Jahren als "König des russischen Tangos" berühmt wurde,
ist Pjotr Leschenko.
In der Türkei gründete der Sänger und Komponist Ibrahim Özgür sein
eigenes Orchester, ebenfalls zu dieser Zeit. Ebenso gibt es osteuropäische, jiddische und Zigeuner-Tangos und andere Traditionen. Wer sich
für alte und neue Weltmusik und Tangos interessiert, wird beim Oriente-Verlag fündig.
Nicht nur damals, sondern auch heute lassen sich
viele Ensembles aus unterschiedlichen Ländern von Weltmusik inspirieren, so z.B. das Beltango-Quintett, das nicht nur sensationell schöne klassische Tangos
spielt (und 2015 auf Tournee geht), sondern auch "Balkango", ein durch Balkan-Volksmusik beeinflusster Tango.
Auch heute gibt es in diesen und weiteren Ländern Tango-Komponisten und -ensembles, die auf argentinischen und anderen Traditionen beruhen. Auch einige finnische
Tango-Ensembles sind interessant und werden bei uns ab und zu gespielt.
Kommentare
Ein Kommentar von Yokoito zum Thema Was heißt "tanzbar"? (Er hatte ihn auf der Seite
von Gerhard Riedl gepostet.)
Hallo Annette,
zum Thema Tanzbarkeit speziell von Nontangos: Die Kategorien sind sicher okay, aber mir fehlt eine Dimension, und zwar die Stimmung der Musik.
Für mich gehört zum „Tango-Gefühl“ eine gewisse Melancholie, Schwermütigkeit –
egal mit welchen Worten man es versucht zu beschreiben, wenn ich es höre, erkenne ich es.
Ich finde das manchmal in RnB (schon mal „Halo“ von Beyonce probiert? Rihannas „Rehab“ gefällt mir in dieser Richtung
auch manchmal) oder bestimmten Blues (z.B. Sachen von Snowy White; Midnight Blues, The Time Has Come in ein paar der Versionen, Bird Of Paradise).
Ich kann zum Beispiel sehr wenig mit Nontangos der osteuropäischen Sorte anfangen; die fühlen sich einfach nicht nach Tango an, egal wie gut sie takt-technisch passen.
Auch eine Dramaturgie in der Musik ist es manchmal. Der Nontango-Klassiker „Nothing else matters“ von Apocalyptica
ist ein Beispiel dafür. Es gibt übrigens davon eine nette Version von Shakira, da wird es dann auch gleich noch etwas lateinamerikanischer.
Oder: Es gibt ja dieses Bonmot von Gerardo Portalea „Man muß die Stille tanzen. Und die Violinen.
Auch wenn keine da sind“. Das paßt finde ich ganz gut auf Brothers in Arms von Dire Straits.
Antwort: Ich kann dem nur zustimmen! Diese Kategorie gehört in die obige Diskussion auch noch rein.